Nachhaltigkeit messbar machen: Wie die Sustainable Data Center-Zertifizierung Rechenzentren zukunftsfähig gestaltet
Warum Nachhaltigkeit im Rechenzentrum neu gedacht werden muss
Rechenzentren sind das Rückgrat der Digitalisierung. Sie ermöglichen Cloud-Dienste, speichern kritische Unternehmensdaten, betreiben KI-Modelle und bilden die Basis für nahezu alle digitalen Geschäftsprozesse. Gleichzeitig sind sie enorme Energieverbraucher. Mit dem rasant wachsenden Bedarf an Rechenleistung durch KI, Cloud Computing und High Performance Computing (HPC) steigen auch Strombedarf, Emissionen und gesellschaftliche Erwartungen. Unternehmen stehen zunehmend unter Druck, Rechenzentren nachhaltiger zu betreiben – regulatorisch wie reputativ.
Genau hier setzt die neue Zertifizierung „Sustainable Data Center (SDC)“ von TÜV Rheinland an. Sie schafft einen strukturierten Bewertungsrahmen, der ESG-Anforderungen mit operativer Realität verbindet – und dabei weit über klassische Effizienzkennzahlen hinausgeht. Was steckt dahinter? Wer profitiert? Und wie funktioniert das Modell? Dieser Beitrag bietet dir einen fundierten, praxisnahen Überblick.
Die Herausforderung: Rechenzentren zwischen Digitalisierung und Klimazielen
Ein Blick auf die Prognosen zeigt: Der globale Energiebedarf von Rechenzentren könnte sich bis 2030 verdoppeln (Quelle: IEA, 2023). In Deutschland wird der Anteil am Gesamtstromverbrauch von derzeit rund 3,6 % auf 4,3 % steigen. Besonders energieintensiv: KI-Anwendungen und HPC-Systeme mit massiver Rechenleistung.
Dabei geraten klassische Effizienzmetriken wie der Power Usage Effectiveness (PUE) zunehmend an ihre Grenzen. Zwar wurden in der Vergangenheit erhebliche Fortschritte erzielt, doch der Trend zur höheren Rechendichte, zu GPU-basierten Architekturen und zur Virtualisierung führt zu einer neuen Dynamik – nicht nur im Energieverbrauch, sondern auch in der Frage, wie Nachhaltigkeit ganzheitlich gedacht werden kann.
Hinzu kommt der steigende Druck auf gesetzlicher Ebene: Das Energieeffizienzgesetz (EnEfG), die EU-Taxonomie sowie ESG-Berichtspflichten verlangen fundierte Nachweise für nachhaltiges Wirtschaften. Auch Stakeholder, Kund:innen und Mitarbeitende erwarten sichtbares Engagement. Nachhaltigkeit wird zur Visitenkarte – und zum Wettbewerbsfaktor.
Die Antwort: Sustainable Data Center als 360-Grad-Nachhaltigkeitszertifizierung
Das Sustainable Data Center-Zertifikat wurde von der High Knowledge GmbH in Kooperation mit TÜV Rheinland entwickelt – aus der Praxis für die Praxis. Ziel war es, ein standardisiertes, ganzheitliches Bewertungsmodell zu etablieren, das Nachhaltigkeit in Rechenzentren systematisch messbar macht. Dabei berücksichtigt SDC nicht nur technische oder bauliche Aspekte, sondern auch soziale, organisatorische und strategische Elemente.
Was SDC besonders macht:
- Es handelt sich um den ersten umfassenden Nachhaltigkeitsstandard speziell für Rechenzentren.
- Bewertet werden über 400 Kriterien, gebündelt in elf Kategorien.
- Die Bewertung erfolgt anhand eines Reifegradmodells (Energieklassen A bis G).
- Audits werden durch qualifizierte Fachingenieur:innen vor Ort durchgeführt.
- Auch kreative Lösungen und zukünftige Potenziale finden Berücksichtigung.
- Eine Zertifizierung mit consultativem Ansatz für Optimierungspotenziale
Das Sustainable Data Center-Zertifikat ist kein starres Prüfsiegel, sondern ein dynamischer Kompass – ein Instrument, das Optimierungswege aufzeigt und Entwicklung sichtbar macht.
Die elf Kategorien im Überblick: Was wird bewertet?
- Allgemeines: Betriebsart (z. B. Colocation, On-Premise, Cloud), Planungsstrategie, ESG-Verankerung, Nachhaltigkeitsziele, Compliance-Prozesse
- Standort: Bauweise, verwendete Materialien, klimatische Eignung, Refurbishment-Konzepte, Verkehrsanbindung und Anbindung an Wärmenetze
- Mitarbeitende: GreenOps-Kompetenz, Mitarbeitermobilität, Beteiligung an Effizienzideen, Awareness-Programme, Kulturwandel
- IT-Infrastruktur: Virtualisierungsgrad, Auslastung, Alter und Effizienz der Hardware, Schnittstellen zwischen IT und Facility
- Elektrotechnik: Wirkungsgrad von Komponenten, Verteilverluste, Eigenstromerzeugung, Notstromversorgung, Lastmanagement
- Kühlung: Effizienz der Kühltechnologien, Freikühlung, Regeltechnik, Einsatz von natürlichen Kältemitteln, alternative Konzepte wie Tauchkühlung
- Abwärmenutzung: Wärmerückgewinnung, Einspeisung in externe Netze, Nutzung in Landwirtschaft oder Industrie (z. B. Algenzucht, Gewächshäuser)
- Wasser: Wasserverbrauch in der Kühlung, Nutzung von Regen- oder Grauwasser, Standortanalyse gemäß Wasserstress-Indizes
- Energie: Herkunft des Stroms, Anteil erneuerbarer Energien, Echtzeit-Monitoring, Lastprofile, Peak-Management
- Treibhausgasemissionen: CO2-Bilanz (Scope 1–3), Reduktionsmaßnahmen, Kompensationsstrategien, Klimaschutzprojekte
- Qualität & Prozesse: ISO-Managementsysteme (z. B. 9001, 14001, 50001), Auditzyklen, KPI-Nutzung, kontinuierliche Verbesserung, Lifecycle-Strategien
Mehrwert auf einen Blick: Warum sich die Sustainable Data Center -Zertifizierung lohnt
- Klare ESG-Konformität für interne und externe Berichtspflichten
- Glaubwürdiger Nachhaltigkeitsnachweis gegenüber Investoren und Auftraggebern
- Konkrete Maßnahmen zur CO2-Reduktion und Energieeinsparung
- Identifikation wirtschaftlicher Einsparpotenziale (z. B. durch Prozessoptimierung, Temperaturanpassung, IT-Auslastung)
- Anwendung in Neuplanungen und Sanierung im Bestand
- Orientierung und Benchmarking über Energieeffizienzklassen (A–G)
- Bessere Positionierung bei öffentlichen Ausschreibungen und ESG-Ratings
- Unabhängige, technologieneutrale Bewertung durch TÜV Rheinland
Vergleich zu anderen Zertifizierungen: Warum Sustainable Data Center weitergeht
Im Unterschied zu bestehenden Systemen wie dem „Blauen Engel“ oder der EN 50600 ist das Sustainable Data Center-Zertifikat nicht rein technisch oder gesetzlich motiviert, sondern strategisch ausgerichtet. Es erlaubt auch Rechenzentren mit Entwicklungspotenzial den Einstieg – und bewertet nicht nur „ob etwas erfüllt ist“, sondern auch „wie gut“ und „wie viel noch möglich ist“.
Beispiel: Ein älteres Rechenzentrum mit begrenzter Abwärmenutzung muss nicht abgerissen werden, um zertifizierbar zu sein. SDC erkennt an, was vor Ort möglich ist – und bewertet realistisch, fair und zukunftsorientiert.

Sustainable Data Center – Nachhaltigkeit in Rechenzentren
In diesem On-Demand Webinar erfahren Sie, wie die neue Sustainable Data Center (SDC)-Zertifizierung von TÜV Rheinland Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und Sicherheit im Rechenzentrum messbar macht.
Fazit: Nachhaltigkeit ist kein Zustand, sondern ein Prozess
Nachhaltigkeit im Rechenzentrum braucht ein Zusammenspiel aus technischer Intelligenz, strategischem Denken und unternehmerischem Willen. Das Sustainable Data Center-Zertifikat liefert dafür eine fundierte Grundlage. Es schafft Transparenz, fördert Innovation – und macht sichtbar, wo Unternehmen heute stehen und wie sie sich verbessern können.
Wer morgen bestehen will, sollte heute anfangen zu messen, zu bewerten und zu verbessern. Mit der Sustainable Data Center Zertifizierung wird Nachhaltigkeit im Rechenzentrum konkret und gestaltbar.

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