LkSG TÜV Rheinland Consulting

5 Fragen zum Lieferkettengesetz (LkSG), die Sie sich JETZT stellen müssen

Ein Artikel von Stefanie Neitzert, Senior Consultant Sustainability Services bei der TÜV Rheinland Consulting.

Nachhaltigkeitsbezogene Sorgfaltspflichten in Unternehmen und entlang der Lieferkette gewinnen in der unternehmerischen Praxis immer mehr an Bedeutung, denn die Regulierung auf EU- und nationaler Ebene nimmt ständig zu. Auch Kunden, Verbraucher und Investoren prüfen kritischer denn je, ob Unternehmen Menschenrechte und Umweltstandards beachten. Verstöße hiergegen bergen daher nicht nur das Risiko gesetzlich bestimmter Sanktionen, sondern auch die Gefahr erheblicher Reputationseinbußen.

Am 1. Januar 2023 ist das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft getreten.  

Das Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten (Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, Lieferkettengesetz, Sorgfaltspflichtengesetz, LkSG) folgt als logische Konsequenz der Entwicklungen der letzten Jahre. Ziele des Gesetzes sind die Einhaltung und der Schutz der Menschenrechte und bestimmter Umweltstandards durch Vermeidung von Risiken, die im Rahmen der unternehmerischen Tätigkeit entstehen können. Dies sowohl in ihrem eigenen Geschäftsbereich als auch gegenüber ihren Zulieferern.  

Die Bedeutung nachhaltigkeitsbezogener Sorgfaltspflichten 

Die Gesetzgeber sanktionieren dabei verstärkt Missstände der Globalisierung und bekämpfen insbesondere Sklaverei und Zwangsarbeit, Kinderarbeit und Verletzung von Arbeitsschutzbestimmungen, die Ausbeutung von Ressourcen und Rohstoffen (insbesondere in Konfliktregionen) oder die Verwendung von gesundheitsgefährdenden Chemikalien. Die Sorgfaltspflichten reichen von einem Risikomanagement mit Festlegung betriebsinterner Zuständigkeiten über regelmäßige Risikoanalysen und daraus resultierender Präventions- und Abhilfemaßnahmen, Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens sowie Dokumentation und Berichterstattung.  

Welche Branchen sind vom LkSG betroffen?

Deutsche Unternehmen sind durch ihre starke Einbindung in globale Absatz- und Beschaffungsmärkte in besonderer Weise mit mit Herausforderungen konfrontiert, die auf das Einhalten der Menschenrechte abzielen, insbesondere in den Branchen Automobil, Maschinenbau, Metallindustrie, Chemie, Textilien, Nahrungs- und Genussmittel, Groß- und Einzelhandel, Elektroindustrie und Energieversorger.  

Ab dem 1. Januar 2024 wird der Anwendungsbereich des LkSG auf Unternehmen mit 1.000 Beschäftigten von aktuell 3.000 Beschäftigten in Deutschland ausgeweitet. 

Wir haben für Sie 5 Fragen zusammengestellt, die Sie sich JETZT stellen sollten, damit Sie 2024 bereit sind, den gesetzlichen Anforderungen umfassend Rechnung zu tragen. 

1. Wer wird in Ihrem Unternehmen Menschenrechtsbeauftragte:r sein? 

Die Festlegung von Zuständigkeiten sollte schon in der Vorbereitungszeit erfolgen. Empfehlenswert ist es, bei der Verteilung der Zuständigkeiten die relevanten Abteilungen zu beteiligen, wie zum Beispiel Rechtsabteilung, Compliance, CSR-Abteilung, Einkauf, HSE, HR, etc. Grundsätzlich ist dabei zwischen der Zuständigkeit für die Umsetzung der Sorgfaltspflichten und der Zuständigkeit für die Überwachung der Umsetzung zu unterscheiden.

Die Zuständigkeit für die Umsetzung des LkSG liegt prinzipiell bei der Geschäftsführung, die dafür auch ordnungswidrigkeitsrechtlich haftet. Sie kann jedoch die operative Umsetzung an eine Führungskraft delegieren, die dann wesentliche Entscheidungen trifft. In diesem Fall trifft die Geschäftsführungsebene eine Auswahl-, Überwachungs- und Organisationspflicht. Die Umsetzung der gesetzlichen Vorschriften wird den Unternehmen überlassen. Empfehlenswert, aber nicht zwingend, ist die Ernennung eines „Menschenrechtsbeauftragten“ (Human Rights Officer). Es ist in jedem Fall erforderlich, innerhalb eines Unternehmens die Zuständigkeit für die Überwachung des Risikomanagements festzulegen. 

Achtung! Die Geschäftsleitung hat sich regelmäßig, und mindestens einmal jährlich, über die Arbeit der zuständigen Person für das Risikomanagement zu informieren. 

Die Zuständigkeit sollte dabei nicht in den Aufgabenbereich einer anderweitig stark eingebundenen Person fallen, sondern Unternehmen sollten sicherstellen, dass für die effektive Ausübung der Position ausreichende personelle sowie finanzielle Kapazitäten zur Verfügung stehen. Das LkSG stellt keine besonderen Anforderungen an die Person, was dem Unternehmen einen gewissen Spielraum beim Kompetenzprofil lässt. Um eine effektive Umsetzung dieser Verantwortung und der entschiedenen Maßnahmen zu gewährleisten, ist es wichtig, dass die verantwortliche Person gut in das Unternehmen integriert ist oder wird. Sie sollte in der Lage sein, Partnerschaften und Netzwerke zu bilden, da sie mit fast allen Bereichen des Unternehmens in Kontakt stehen wird. Gleichzeitig sollte die verantwortliche Person neutral und nicht weisungsgebunden sein. In ihrer Rolle sollte sie auch in der Lage sein, die Unternehmensstrategie und -abläufe wirksam zu beeinflussen, um gesetzeskonformes Handeln entsprechend der Pflichten des LkSG durchzusetzen. 

Welche wesentlichen Fähigkeiten sollte Ihre verantwortliche Person (Menschenrechtsbeauftragte:r) unter anderem haben? Sie sollte:

  • neben dem Fachwissen ein gutes Verständnis der Branche und der mit der Branche verknüpften Risiken haben 
  • verstehen, dass das Management menschenrechtlicher und umweltbezogener Risiken miteinander verknüpft ist und in jedem Geschäftsbereich umgesetzt werden muss 
  • die Stakeholder und deren Interessen kennen 
  • in der Lage sein, Informationen zu synthetisieren und Prioritäten für Risiken und Initiativen zu setzen 
  • gut zuhören können 
  • einen guten Draht zur Unternehmensleitung haben bzw. herstellen können und über Überzeugungs- und Vermittlungsfähigkeiten verfügen. 

2. Wie gut kennen Sie Ihre Lieferketten? 

Wie viele Lieferanten haben Sie? In welchen Ländern? Wird in den relevanten Ländern produziert? Aus welchen Produktionsstandorten erhalten Sie Ihre Waren? Welche Waren oder Dienstleistungen werden genau von wem geliefert? Kennen Sie auch Vorlieferanten Ihrer direkten Lieferanten? Was gibt es für Länder- und Branchenrisiken bei Ihren Lieferanten?  
 
Lieferkette lt. LkSG = eigener Geschäftsbereich (=Produktion, Lagerung von Waren, Marketing, Logistik, Erschließung und Erwerb von Grundeigentum, um darauf geschäftlich tätig zu werden) + unmittelbare Zulieferer (=Partner eines Vertrages über die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen, dessen Zulieferungen für die Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig sind) + mittelbare Zulieferer (=jedes Unternehmen, das kein unmittelbarer Zulieferer ist und dessen Zulieferungen für die Herstellung des Produktes des Unternehmens oder zur Erbringung und Inanspruchnahme der betreffenden Dienstleistung notwendig ist, also keine direkte Vertragsbeziehung wie bei unmittelbaren Zulieferern) 
=>  Einteilung in verschiedene Risikosphären, da Unternehmen typischerweise weniger Einfluss nehmen können je weiter ein bestimmtes Handeln in der Lieferkette von ihnen entfernt ist.  
 
Das LkSG verpflichtet Unternehmen allgemein zur Einhaltung der vorgegebenen Sorgfaltspflichten innerhalb ihrer Lieferketten. Der Begriff der Lieferkette bezieht sich auf alle Produkte und Dienstleistungen eines Unternehmens. Die Lieferkette umfasst alle Schritte im In- und Ausland, die zur Herstellung der Produkte und zur Erbringung der Dienstleistungen erforderlich sind. Was genau Bestandteil einer Lieferkette ist, unterscheidet sich nach der Art des Produktes oder der zu erbringenden Leistung. Bei der Erstellung eines Sachgutes beinhaltet die Lieferkette bspw. Die folgenden Phasen: 

  • Beschaffung: Die Gewinnung und Lieferung von Rohstoffen (up-stream-Tätigkeiten) 
  • Produktion: Die Verarbeitung der Rohstoffe zum fertigen Sachgut UND 
  • Vertrieb: Aktivitäten zur Verbringung des Produkts an den finalen Bestimmungsort z. B. über Online-Plattformen (down-stream-Tätigkeiten) 

Die einzelnen Sorgfaltspflichten im LkSG beziehen sich nicht auf die „Lieferkette“ als solche, sondern nur auf Zulieferer und den eigenen Geschäftsbereich. Insofern sind Unternehmen im „Downstream-Bereich“ nicht den Sorgfaltspflichten des LkSG unterworfen. (Downstream = Aktivitäten zur Verbringung des Produkts an den finalen Bestimmungsort / Lieferkette hin zum Endverbraucher z. B. über Online Plattformen.)

3. Haben Sie schon eine Grundsatzerklärung erstellt? 

Das Unternehmen muss, wenn es Risiken festgestellt hat, eine Grundsatzerklärung verfassen, diese von der Leitungsebene verabschieden lassen und den Mitarbeitenden, Zulieferern und der Öffentlichkeit kommunizieren. Die Erstellung dieser Erklärung sollte schon in der Vorbereitungszeit erfolgen. Sie wird zu der Menschenrechtsstrategie verabschiedet. Die Menschenrechtsstrategie muss auch umweltbezogene Aspekte (festgestellte umweltbezogene Risiken und umweltbezogene Erwartungen) erfassen. 
Das Gesetz legt Mindestinhalte fest: 

  • eine Beschreibung des Verfahrens zur Einhaltung der menschenrechtlichen und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten in der Lieferkette. 
  • die konkreten Risiken in der Lieferkette und im eigenen Geschäftsbereich des Unternehmens. Dies sollte in Bezug auf die im LkSG genannten Übereinkommen geschehen UND 
  • die menschenrechtlichen und umweltbezogenen Erwartungen des Unternehmens an seine Beschäftigten und Zulieferer. 

Die Grundsatzerklärung ist ein Wegweiser für Mitarbeitende und vermittelt die Grundwerte des Unternehmens. Zu der Menschenrechtsstrategie sollte erläutert werden, welche Risiken das Unternehmen besonders erkannt hat, z. B. das Risiko der Kinderarbeit durch Tätigkeit in bestimmten Ländern. Die Menschenrechtsstrategie sollte auch beinhalten, was das Unternehmen gegen Missstände tut und dadurch erwartet. Die Grundsatzerklärung kann als Grundlage für den eigenen „Code of Conduct“ oder „Lieferanten Code of Conduct“ dienen. Wenn das Unternehmen schon eine Grundsatzerklärung verabschiedet hat, muss es prüfen, ob diese den Vorgaben des LkSG entspricht. In Konzernen kann auch eine konzernweite Grundsatzerklärung abgegeben werden. Um den gesetzlichen Anforderungen der Erklärung auch hinsichtlich der Konzerntochter gerecht zu werden, muss in der konzernweiten Grundsatzerklärung konkret auf die Risikolage der Tochter eingegangen werden.  

4. Haben Sie schon ein Beschwerdeverfahren eingerichtet?  

Falls ja, ist es für alle anonym, öffentlich und auf verschiedenen Wegen zugänglich? Haben Sie eine schriftliche Verfahrensordnung dazu?  
Alle vom LkSG erfassten Unternehmen müssen ab dem Zeitpunkt, ab dem sie in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, risikounabhängig ein Beschwerdeverfahren eingerichtet haben. Ein konzernweites Beschwerdeverfahren ist ausreichend. Die Wirksamkeit muss mindestens einmal jährlich geprüft werden. 
Mindestanforderungen: 

  • eine schriftliche Verfahrensordnung muss einen vorhersehbaren zeitlichen Rahmen für jede Verfahrensstufe sowie klare Aussagen zu den verfügbaren Arten von Abläufen festlegen 
  • Eingangsbestätigung und Sachverhaltsaufklärung an Hinweisgeber 
  • Öffentliche Zugänglichkeit: z. B. auf Website, E-Mail, Telefon  
  • Unabhängigkeit 
  • Verschwiegenheit: vertraulich, anonym  
  • Reduzierung von Zugangshindernissen: einfach, keine Sprachbarrieren oder Furcht vor Konsequenzen 

5. Wie sieht die interne und externe Berichterstattung zum Gesetz aus? 

Die Pflichten zur Dokumentation greifen grundsätzlich auch ein, wenn kein Risiko festgestellt wurde. Sie beschränken sich aber darauf, dies plausibel darzulegen. 
Unternehmen müssen die Erfüllung der Sorgfaltspflichten umfassend dokumentieren und die Dokumentation mindestens sieben Jahre lang aufbewahren.  
Der jährliche Bericht muss in deutscher Sprache elektronisch via vom BAFA bereitgestellter Online-Eingabemaske eingereicht werden (aktuell 45 Fragen). Er muss bis spätestens vier Monate nach dem Schluss des Geschäftsjahres, auf das er sich bezieht, eingehen und auch auf der Webseite des Unternehmens veröffentlicht werden. Dies kostenfrei für sieben Jahre. Der Fragebogen enthält offene und geschlossene sowie Multiple-Choice Fragen und zusätzliche Freitextfelder.  

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Cathrin Ribbrock