
Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung und Waldschädigung (EUDR)
Eine positive Beleuchtung der neuen Sorgfaltspflichten von Unternehmen
Ein Beitrag von Verena Unger
Das Wichtigste in Kürze
Ab dem 30.12.2025 gilt für viele Unternehmen innerhalb der EU die Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung und Waldschädigung. Statt über die Herausforderungen und negativen Aspekte zu sprechen, werden im vorliegenden Blogbeitrag einige Synergien und positive Nebeneffekte der Anforderungsumsetzung beleuchtet.
Inhaltsverzeichnis
- Der Sinn und Inhalt der EUDR in aller Kürze
- Über Transparenz und Resilienz
- Synergien mit anderen Gesetzen
- Die Vorteile unternehmerischer Nachhaltigkeit
- Fazit
Am 9. Juni 2023 veröffentlichte die EU die Verordnung zur Vermeidung von Entwaldung und Waldschädigung (EU Deforestation Regulation, EUDR) in ihrem Amtsblatt. Ab dem 30.12.2025 haben damit viele Unternehmen innerhalb der EU neue, umfangreiche Sorgfaltspflichten.
Dieser Blogbeitrag denkt über Bürokratie und zusätzlich benötigte Kapazitäten hinaus: Was sind die Chancen, die sich aus der EUDR für Unternehmen ergeben und wo gibt es Synergien zu anderen Prozessen?
Der Sinn und Inhalt der EUDR in aller Kürze
Dass Wälder unverzichtbar für das ökologische Gleichgewicht und unsere Gesellschaft sind, steht außer Frage. Ebenso die Tatsache, dass sie in viel zu hoher Geschwindigkeit und Quantität verschwinden. Weil wir in der EU mit unserem Konsum an diesem Umstand erheblich beteiligt sind – die Europäische Kommission schätzt, dass der Verbrauch innerhalb der EU von Erzeugnissen aus nur sechs Rohstoffen bis 2030 jährlich für den Verlust von etwa 248.000 Hektar Wald verantwortlich sein wird – legte sie nun Sorgfaltspflichten für alle Unternehmen in der EU fest, welche mit einem von sieben Rohstoffen oder bestimmten daraus hergestellten Erzeugnissen handeln. Die betroffenen Rohstoffe sind:

Die vom Anwendungsbereich erfassen Erzeugnisse aus diesen Rohstoffen sind im Anhang A der Verordnung aufgelistet. In diesem Beitrag werden alle betroffenen Rohstoffe und Erzeugnisse fortan unter dem Begriff „relevante Produkte“ zusammengefasst.
Neben KMUs und Nicht-KMUs unterscheidet das Gesetz zwischen Marktteilnehmern und Händlern. Je nach Größe und Rolle hat ein Unternehmen also unterschiedlich umfangreiche Verpflichtungen. Eine allgemein gültige Grundregel gibt es allerdings: Keines der relevanten Produkte darf ohne eine Sorgfaltserklärung am EU-Markt in Verkehr gebracht oder weiterverkauft werden.
Dieser Sorgfaltserklärung voraus geht ein – je nach Rolle und Größe des Unternehmens – mehr oder weniger aufwendiger Sorgfaltsprozess. Der volle Prozess umfasst eine initiale Informationssammlung in Bezug auf die Herkunft des relevanten Produktes, eine darauf basierende Risikobewertung und ggf. Maßnahmen zur Risikominderung. Die zwingende Vorgabe ist, dass kein relevantes Produkt am EU-Markt gehandelt wird, für dessen Erzeugung nach dem 31. Dezember 2020 Entwaldung oder Waldschädigung stattgefunden hat.
Die nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über den Sorgfaltsprozess.

Zusammengefasst stehen für Unternehmen im Zentrum also die Stichwörter Transparenz in der Lieferkette, Risikomanagement und ganz viel Bürokratie.
In den meisten Fällen wird negativ darüber gesprochen. Natürlich steht es außer Frage, dass die Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen einen Mehraufwand mit sich bringt. Viel zu wenig wird aber über die positiven Nebeneffekte und Synergien gesprochen, die das Gesetz ebenfalls mit sich bringt. Das sind nämlich mehr als „nur“ der Schutz unserer Wälder und unserer Gesellschaft oder die Vermeidung von Strafzahlungen. Im Folgenden werden einige Punkte beleuchtet.

Die Entwaldungsverordnung (EUDR) und was sie konkret
für Unternehmen bedeutet
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Über Transparenz und Resilienz
Es gibt zahlreiche Branchen und Geschäftsmodelle und Unternehmen in allen Formen und Größen, aber eines ist allen gemein – ohne Input kein Output. Wo keine Zulieferung von Arbeitsmitteln oder Warengruppen erfolgt, da kann auch keine Arbeit passieren und kein Umsatz erzielt werden. Während der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 mussten viele Unternehmen feststellen, was Lieferengpässe für vulnerable Lieferketten bedeuten können. Nicht nur Pandemien, sondern auch die Bedrohungen durch den Klimawandel, immer knapper werdende Rohstoffe und geopolitischen Spannungen stellen in der aktuellen Zeit große Risiken für globale Lieferketten dar.
Ein einheitliches Wunderrezept für resiliente Lieferketten gibt es leider nicht. Dafür sind sie viel zu individuell. Ein wichtiger pauschaler Erfolgsfaktor, da ist sich die noch recht junge Forschung einig, ist jedoch die Transparenz.
Wer in der Praxis mit jeglicher Form des Managements vertraut ist, der- oder diejenige weiß: Was nicht bekannt ist, kann man auch nicht steuern. Darum ist es wichtig, die eigenen benötigten Warengruppen und Zuliefernden auf dem Schirm zu haben und somit über Risiken, mögliche Engpässe und Alternativen frühzeitig informiert zu sein.
Die Umsetzung der EUDR bringt unweigerlich mit sich, dass ein Unternehmen Transparenz darüber schafft, wo eingekaufte Warengruppen herkommen und wie man ggf. steuernd in die Lieferkette eingreifen kann. Unternehmen, die bisher noch kein oder nur ein rudimentäres Lieferkettenmanagement betreiben und nun von der EUDR betroffen sind, profitieren also durchaus auf mehreren Ebenen von einer ordentlichen Erfüllung der Sorgfaltspflichten. Und andersherum: Unternehmen, die ihre Lieferketten und zuliefernden Unternehmen bereits gut kennen, haben eine hervorragende Basis für die Erfüllung ihrer neuen Sorgfaltspflichten.
Synergien mit anderen Gesetzen
Besonders aus zwei ebenfalls recht jungen Nachhaltigkeitsgesetzen ergeben sich einige Synergien mit der EUDR. Gemeint sind das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) bzw. dessen EU-Pendant, der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD).
- Im LkSG bildet, wie bei der EUDR, das Risikomanagement in der Lieferkette das Herzstück der Verordnung. Wer vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes erfasst ist, hat bereits oder muss in der Zukunft die eigene Lieferkette auf vor allem soziale, aber auch ökologische Risiken analysieren. Die daraus entstehenden Tools und Prozesse sind eine gute Basis, um beim Risikomanagement für die Erfüllung der Anforderungen aus der EUDR nicht bei null anzufangen (bspw. Bewertungsschemata oder Nutzung von Indizes zur Einordnung länderspezifischer Risikostufen).
- Im Rahmen der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten aus dem LkSG werden Unternehmen außerdem nicht um Dialoge mit ihren Lieferant*innen herumkommen. Ähnliches gilt auch für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), wenn im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung bestimmte ökologische oder soziale Themen bei der Doppelten Wesentlichkeitsanalyse als wesentlich identifiziert werden. Im ESRS S2 (Thema „Arbeitskräfte in der Wertschöpfungskette“) können z.B. angemessene Unterbringungen, Chancengleichheit oder die Bereitstellung von Sanitäranlagen für Arbeitnehmende in der Wertschöpfungskette Teil der Berichterstattung sein. Um über solche Umstände berichten zu können, ist Kontakt zu den Zuliefernden so gut wie unumgänglich.
- Als logische Folge spielt nicht nur der Dialog, sondern auch das Engagement und die Unterstützung von Stakeholdergruppen, im Speziellen von Lieferant*innen, bei allen drei Gesetzen eine entscheidende Rolle. Sei es, um bei der Geolokalisierung zu unterstützen, zusammen die Einhaltung von Arbeitsschutzstandards sicherzustellen, oder wichtigen Input zur Doppelten Wesentlichkeitsanalyse zu bekommen. Gute Beziehungen zu Lieferant*innen werden zentral sein.
- Offensichtliche Synergien gibt es außerdem beim Blick auf die am Schluss stehende Berichterstattung über die erfolgten Bemühungen, die alle drei Gesetze nach sich ziehen. Wer nach der CSRD berichtet, muss weder für die Erfüllung der Sorgfaltspflichten aus der EUDR, noch aus dem LkSG einen separaten Bericht verfassen. Sie können stattdessen in die Nachhaltigkeitsberichterstattung integriert werden. Das soll eine doppelte Berichtspflicht verhindern.
Die Vorteile unternehmerischer Nachhaltigkeit
ESG-Anforderungen an Unternehmen sind in den letzten Jahren komplexer und umfangreicher geworden. Sie kommen nicht nur von gesetzlicher Ebene, sondern auch von Investor*innen, Kreditgeber*innen, NGOs, Kund*innen und Arbeitnehmer*innen.
Was für viele auf den ersten Blick oft nur zusätzliche Arbeit ist, bringt bei genauerem Hinschauen eine Menge Vorteile mit sich:
- Resilienz in Krisensituationen: z.B. durch erhöhte Transparenz in der Lieferkette
- Langfristige Reduzierung von Kosten: z.B. bei Einführung von Energiesparmaßnahmen wie smarter Heizthermostate, die kurzfristig Kosten verursachen, langfristig aber Einsparungen bewirken
- Höheres Bewusstsein über Risiken: z.B. finanzielle Schäden durch extreme Wetterereignisse wie Starkregen
- Korrelation von ESG mit Qualität: z.B. durch Einführung neuer technischer Innovationen zur Emissionsreduktion
- Erhöhte Attraktivität als Arbeitgeber*in: Gerade bei jungen Menschen spielt die ESG-Ausrichtung von Unternehmen bei der Jobwahl eine immer wichtigere Rolle. Laut der letzten Klimaumfrage der Europäischen Investitionsbank (EIB) aus dem Jahr 2023 nennen 81% der Menschen zwischen 20 und 29 Jahren Nachhaltigkeit als wichtigen Faktor bei der Jobwahl.
- Bedienung von Kund*innenanfragen in Bezug auf Nachhaltigkeit: z.B. zum Emissionsausstoß, damit Kund*innen ihn in die eigene CO2-Bilanz einbeziehen können
- Erhöhte Attraktivität für Investor*innen und Kreditgebende: Laut dem jährlichen Marktbericht des Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) setzten nachhaltige Geldanlagen ihren Wachstumskurs im vergangenen Jahr fort.
Aus all diesen Gründen ist es empfehlenswert, dass Unternehmen sich überlegen, ein übergreifendes Nachhaltigkeitsmanagementsystem zu implementieren, statt einzelne „lose Enden“ im Unternehmen herumfliegen zu haben: Hier eine ISO 14001, da eine Risikoanalyse, dort ein Code of Conduct. Nicht selten erleben wir im Beratungsalltag, dass verschiedene Abteilungen parallel aneinander vorbeiarbeiten, weil nicht bekannt ist, welche Ansätze im Unternehmen schon vorhanden sind. Ganz zu schweigen davon, dass die vorhandenen Bemühungen richtig kommuniziert werden und so ihre volle positive Wirkung nach außen hin entfalten können.
Vielleicht ist die EUDR in Ihrem Unternehmen der letzte Schubs, den Sie gebraucht haben, um Ihre eigenen losen Enden unter einem strategischen Dach zusammenzuführen und die Chancen des Transformationsthemas Nachhaltigkeit auszuschöpfen?
Fazit
Die EUDR bringt ohne Frage viele Herausforderungen mit sich: Unsicherheiten in der praktischen Anwendung, zusätzlich benötigte Kapazitäten, Bürokratieaufwand. Sie kann aber auch positive Nebeneffekte haben wie z.B. die Schaffung von Transparenz und dadurch steigende Resilienz in Lieferketten. Des Weiteren gibt es viele Schnittstellen und Synergien mit anderen Gesetzen wie dem LkSG oder der CSRD.
Insgesamt ist die EUDR eine weitere Komponente der immer präsenter werdenden ESG-Anforderungen in der Wirtschaft. Daher ist es empfehlenswert, dass Unternehmen sich auf den Weg machen, ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement zu implementieren, um damit ein stabiles Grundgerüst für alle Formen von Nachhaltigkeitsanforderungen zu haben.
Unser Nachhaltigkeitsteam unterstützt Sie gerne bei der Erfüllung der EUDR-Anforderungen, eines anderen Gesetzes oder der strategischen ESG-Ausrichtung Ihres Unternehmens. Informationen zu unserem Portfolio finden Sie hier.

Daniel Vosswinkel
Wir unterstützen Sie bei der Umsetzung!
Daniel Vosswinkel ist Berater für das Management und Umsetzung der Sorgfaltspflichten des Lieferkettengesetzes und EUDR in Unternehmen.